Pressemeldungen Archiv 2023
Ein Gedenken mit wichtiger Symbolkraft
02.06.2023
Zum Gedenken an 13 jüdische Bürgerinnen und Bürger wurden in Feuchtwangen am 30. Mai im Beisein zahlreicher geladener Ehrengäste aus Deutschland, Israel und den USA Stolpersteine verlegt. Die US-Botschafterin in Deutschland Dr. Amy Gutmann hat dafür gemeinsam mit ihrem Ehemann Dr. Michael Doyle und ihrer Tochter Prof. Abigail Doyle die Kreuzgangstadt erneut besucht, um die feierliche, ebenso wie emotionale Stolpersteinverlegung für ihre jüdische Familie am Geburtsort ihres Vaters Kurt Gutmann persönlich zu begleiten.
Für ihre Familie schließe sich heute der Kreis von Drama zu Wertschätzung, wie die US-Botschafterin in ihrer Rede sichtlich bewegt schilderte. Ihr Vater ist 1910 als jüngster Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Feuchtwangen geboren und aufgewachsen. Als Jude von den Nationalsozialisten in Deutschland verfolgt, floh Kurt Gutmann 1934 nach Indien in das damalige Bombay und wanderte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in die USA aus. Ihre Vorfahren hätten sich nicht vorstellen können, jemals wieder nach Deutschland zurückzukehren. Zu groß sei der erlebte Schmerz, der Terror und die Brutalität gewesen, wie US-Botschafterin Dr. Amy Gutmann erinnerte. Sie selbst habe sich erst in den letzten drei Jahren intensiv mit dem Holocaust beschäftigt und mehr über ihre eigene familiäre Vergangenheit erfahren. Für die große Unterstützung beim Sammeln fehlender Familienerinnerungen sprach die Diplomatin ihren großen Dank an Feuchtwangen aus. Der enge Kontakt zu Feuchtwangen, der Heimatstadt ihres Vaters, bedeute ihr nach eigener Schilderung unglaublich viel. Zudem sei die US-Botschafterin überzeugt, dass heute auch ihr Vater sicherlich begeistert wäre, wenn er wüsste, wie Feuchtwangen seine Geschichte aufarbeite. Für acht Mitglieder ihrer Familie wurde im Rahmen der Zeremonie jeweils ein Stolperstein vor dem Geburtshaus ihres Vaters, dem heutigen Buchhaus Sommer in der Hindenburgstraße 6 in der Feuchtwanger Altstadt, verlegt. Damit sei die Gutmann-Familie in Feuchtwangen nun gewissermaßen wieder zusammengeführt, wie Dr. Amy Gutmann erklärte.
Vor der ehemaligen Synagoge Feuchtwangens, dem heutigen Fränkischen Museum, verlegte Gunter Demnig weitere fünf Stolpersteine für die Angehörigen des letzten jüdischen Kantors und Religionslehrers Leo Neumann. Nachfahren der jüdischen und einstigen Feuchtwanger Familie Neumann sind zum Gedenken an ihre Verwandten eigens aus Israel und den USA angereist. Zvi Lapian, ein Enkel Leo Neumanns, bezeichnete die Stolpersteinverlegung als eine große Ehre für seine Familie. Neben persönlichen Gründen senden die Stolpersteine für Lapian aber vor allem ein wichtiges Zeichen, das Böse niemals gewinnen zu lassen.
Feuchtwangens erster Bürgermeister Patrick Ruh würdigte in seinen Ansprachen das Leben beider ehemals in der Kreuzgangstadt wohnenden Familien Gutmann und Neumann, machte aber auch eine klare Ansage: „Diejenigen, die nach Jahrzehnten der Aufarbeitung meinen, jetzt müsse einmal Schluss sein mit dem Erinnern, die gar von einem deutschen Schuldkult sprechen, liegen falsch. Sich zu erinnern hat absolut nichts Erniedrigendes an sich, sondern hat mit Verantwortung für die Zukunft zu tun.“